beam me up!
Carla Wagener will weg
Bei uns im Intranet stehen jetzt Tipps mit Übungen gegen die Mittagsmüdigkeit. Um neue Energie zu tanken und den Kreislauf in Schwung zu bringen. Ha! Da sind sie bei mir gerade richtig!
Ich brauche diese Tipps nicht. Ich bin schon auf 180, wenn morgens der Wecker klingelt und es draußen dunkel, trüb und nass ist. Da werde ich wütend ob der Ungerechtigkeit, es in diesem Klima aushalten zu müssen. Fliegen müsste man können. Mit Lichtgeschwindigkeit. Mal eben für ein paar Stündchen auf die Südhalbkugel, wohin sich der Sommer gerade verzogen hat. Licht tanken, die Wärme genießen, und sich abends dann meinetwegen wieder hier im trüben Winterwetter einkuscheln. Das wär’s! Aber nein, alle möglichen sinnlosen Erfindungen gibt es, nur das mit dem Beamen hat noch keiner hingekriegt!
Dann komme ich ins Büro gerauscht und sehe zuerst Georgs miesepetriges, müdes Gesicht, das er hinter einem großen Pott Kaffee zu verstecken sucht. Soll ja wach machen. Ich bin hellwach. Und ich will weg. Denn gleich steht wieder eins dieser zeitraubenden Meetings mit endlosen Diskussionen statt nennenswerter Ergebnisse an. Danach sinkt mein Energielevel drastisch und ich fühle mich wie im Jetlag – es fehlen einfach ein paar Stunden, in denen ich besser geschlafen hätte.
Beim Mittagessen werde ich wieder munter: Meine Kollegin ist auf dem Selbstfindungs-Trip und erzählt mir von ihrer letzten „Energiereise“. Aha. Sie habe an gruppendynamischen Übungen teilgenommen, um ihr Energiesystem wieder aufzuladen. Daran müsse sie in ihrem Nachmittagstief nur denken, und schon seien alle energetischen Blockaden gelöst. Vielleicht sollten wir aus dem nächsten Meeting mal eine energetische Sitzung machen. Nur wie? Ich blicke zu Georg, der seine Sauerstoff-Unterversorgung mit kräftigem Gähnen bekämpft und sich ins Drei-Uhr-Loch verabschiedet.
Weit und breit ist keine erneuerbare Energie in Sicht, und nicht mal der Schokoriegel bringt mir verbrauchte Energie zurück.
Also warte ich weiter aufs Beamen.
Erschienen in: CWT Connect, Ausgabe 04-2013 (PDF, ca. 10 MB)
Illustration: Matthias Seifert
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