keine angst vorm bösen web!

„Web oder stirb! Erfolgreiche Unternehmenskommunikation in Zeiten des digitalen Wandels“ von Kerstin Hoffmann: gelesen, gemocht.

Ich hatte ziemlich hohe Erwartungen an das Buch, schließlich kenne ich Kerstin Hoffmann als Expertin für PR, Social Media und digitale Strategie, die – wie Kathrin Passig im Vorwort treffend feststellt, ständig „viel kluges und hilfreiches Zeug (…) ins Internet hineinschreibt.“

Spontan habe ich mich gefragt, ob so ein Rundumschlag nicht schon vor zehn Jahren hätte erscheinen müssen, weil im Jahr 2015 doch eigentlich alle Unternehmen kapiert haben sollten, dass sie ohne digitale Kompetenz nicht allzu weit kommen. Ganz offensichtlich ist dem jedoch nicht so und das Buch war dringend nötig. Mehr dazu weiter unten.

Ich hatte mich zuvor aber auch schon gefragt, ob unter den aktuellen Schlagworten „Content-Strategie“ und „Content-Marketing“ nicht nur alte Säue mit neuen Borsten durchs virtuelle Dorf getrieben werden („Content is King“ – das hat man immerhin schon vor Jahren in der E-Learning-Branche gemerkt, als man nach den ersten technikverliebten Ansätzen erkannte, dass eine Lerntechnologie allein noch nicht die Leute schlauer macht). Ich will meinem Fazit nicht vorgreifen, aber in diesem Punkt habe ich mich geirrt.

Jedenfalls erwartete ich von „Web oder stirb!“ nicht unbedingt viele neue Erkenntnisse, gleichwohl aber: Struktur, Hilfreiches und ansprechend geschriebenen Klartext.

Strukturierte Übersicht über ein umfassendes Thema

Das Buch ist übersichtlich in vier Hauptteile gegliedert. Im ersten Teil zeigt Kerstin Hoffmann den zuweilen – vor allem in Deutschland – erschreckend rückständigen Status quo in Sachen Kommunikation in den neuen Medien (allein, dass man hierzulande noch von „neuen“ Medien spricht, ist ja bezeichnend). Für Netzbewohnerinnen wie mich geradezu schaurig-schön und nebenbei unterhaltsam zu lesen, für digitale Analphabeten eher hartes Brot. Geschieht ihnen recht.

Haufe_Web_oder_stirb_.jpgDer zweite Abschnitt zeigt, wie man auf Kernkompetenzen aus der klassischen Welt aufbauen kann und damit der Schritt zu einer zeitgemäßeren Kommunikation gar nicht so riesig sein muss – wenn man es schlau macht. Das wird diejenigen ermutigen, die immer noch Angst vorm bösen Web haben.

Im dritten Hauptkapitel beschreibt Kerstin Hoffmann die Grundlagen für eine erfolgreiche integrierte Kommunikationsstrategie, die man vielleicht in der Empfehlung zusammenfassen kann, dass es entscheidend ist, „in Unternehmen Strukturen aufzulösen, in denen jeder sein eigenes Süppchen kocht“. Sehr einleuchtend erklärt sie, warum es ohne eine Contentstrategie nicht mehr geht.

Teil vier geht zum Abschluss noch stärker in die Praxis als die vorangegangenen das bereits taten. Der Titel des Abschnitts bringt es auf den Punkt: „Mach, dass dich die Richtigen finden“ – denn das wollen (und müssen!) doch irgendwie alle.

Hilfreiche Empfehlungen und Checklisten

Ob „Irrtümer beim Transfer vom Analogen ins Digitale“, einer Checkliste zum Branding oder „10 Schritte zu Relevanz und dauerhafter Sichtbarkeit Ihres Unternehmens“: Das Buch enthält viele praxisorientierte Checklisten und Anleitungen, die den jeweiligen Prozess anstoßen können oder die Vorstellung vermitteln, was zu tun ist. Dadurch behält man den Überblick und findet sich zurecht. Und nicht zuletzt fassen die Listen an den Enden der Hauptteile die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Klartext und Position

Kerstin Hoffmann schreibt klar und entschieden, bezieht Position. Zuweilen liest es sich fast missionarisch, aber das störte mich nicht. Denn es ist offenbar dringend nötig, Überzeugungsarbeit zu leisten. „Web oder stirb!“ ist auch eine Abrechnung: mit den Technologiefeindlichen, den E-Mail-Ausdruckern und Digitalverweigerern. Das finde ich gut. Man merkt, dass sie auch außerhalb ihrer Filterblase aus digital Affinen unterwegs ist, und dass sie im echten Leben ebenso Kontakt zu Digital Natives hat (die manchmal gar nicht so eingeboren sind, wie man annehmen möchte) wie zu Unternehmen mit einer eher angestaubten Haltung zur allumfassenden Digitalisierung.

Für mich als seit 20 Jahren mit dem Online-Virus Infizierte brauchte es diese Mission nicht, sie ist Wasser auf meine Mühlen. Und sie gibt mir Argumentationsfutter an die Hand – nicht zuletzt im Dialog mit Kunden, die lieber glauben, was in Büchern steht. Ob die Botschaft Unternehmen erreicht, die davon überzeugt sind, dass sie „dieses Neuland“ nie brauchen werden? Ich bin gespannt und hoffe es. Für die dazwischen – diejenigen, die ahnen, dass sie was ändern müssen, ist es goldrichtig. Denn (und das ist jetzt das Fazit):

Komplexität mundgerecht aufbereitet

„Web oder stirb!“ ist ein Parforceritt durch den Dschungel aus PR, Social Media und Kommunikation im digitalen Wandel. Kerstin Hoffmann schlägt eine Schneise durch den Informationswust, ihre Macheten sind: umfassendes Wissen, vielfältige Erfahrungen, praxisorientierte Empfehlungen – und eine klare Haltung. Wer abseits dieser Hauptroute weiter in den Wald der Spezialthemen möchte, kann auf eigene Faust abbiegen und  sich an den weiterführenden Literaturtipps orientieren, die sie an vielen Stellen (und gebündelt am Ende) gibt.

Für mich, die ich Informationen zu diesem Themenfeld mit Wonne aufsauge, mich aber gern mal in ihnen verzettele, war das ziemlich hilfreich und erhellend. Schon toll, wenn es jemanden gibt, der einem die Komplexität mundgerecht präsentiert. Es ist eins dieser Bücher, das ich nach der linearen Lektüre sicher immer mal wieder zur Hand nehmen werde, um etwas nachzuschlagen.

Die Eckdaten:

Kerstin Hoffmann: Web oder stirb!
Erfolgreiche Unternehmenskommunikation in Zeiten des digitalen Wandels
Broschiert: 244 Seiten
Verlag: Haufe-Lexware
ISBN-10: 3648066005
ISBN-13: 978-3648066003
29,95 Euro

Erhältlich direkt beim Verlag oder im lokalen Buchhandel.

Webseite zum Buch: www.web-oder-stirb.de

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Texterin, Redakteurin, Bloggerin. Liefert Konzept, Text und Redaktion für Web, Werbung und Corporate Publishing. Bloggt hier übers Leben und Texten und dort übers Reisen: rumreiserei
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