im sammelfieber

Carla Wagener punktet

Wir haben seit einiger Zeit in der Firma so ein neues Verfahren für unsere Reisebuchungen: Wir können Bonuspunkte sammeln, wenn wir beim Buchen besonders sparsam sind.

Es geht also darum, nicht möglichst viel und in teuren Klassen zu fliegen und dafür Prämien einzuheimsen. Nein, belohnt wird, wer besonders günstig und rechtzeitig bucht und so. Dafür gibt es bei uns dann Travel Points, eine Art Sparbienchen für Vielreisende. Ich finde das super, weil ich ja ohnehin immer total aufpasse und nie die teuren Hotels oder Flüge nehme. Zum Ort des Meetings gehe ich gern mal zu Fuß oder fahre mit der Straßenbahn, weil ich Taxis nicht leiden kann. Entweder wird man vollgequatscht, muss schreckliche Radiosender ertragen oder ob des rasanten Fahrstils um sein Leben fürchten.

Daher habe ich auch schon ordentlich Punkte gesammelt und liege im Ranking unserer Unternehmenseinheit auf dem zweiten Platz. Besser ist nur die Kollegin aus dem Controlling, die ja schon per Stellenbeschreibung ein Kostenkontrollfreak ist. Aber die hole ich auch noch ein, wetten? Weit abgeschlagen ist übrigens der Kollege, der immer so stolz auf seinen Super-Traveler-Status war und gern mal damit prahlte, dass er schon wieder ein Upgrade bekommen habe und gar nicht mehr wisse, wie er die ganzen gesammelten Meilen denn verfliegen solle. Den habe ich im Geiste häufiger mal ans Ende der Welt gewünscht, da hätte er sie schön alle aufgebraucht, seine Wichtigtuer-Meilen.

Georg hingegen ist jetzt ganz neidisch. Einerseits ist er ja der totale Reisemuffel und hasst Veränderungen in seinen täglichen Abläufen. Passend dazu erfordert sein Job eigentlich fast keine Reisen, und das findet er auch gut so. Aber seit wir dieses Punktesammelsystem haben, fühlt er sich benachteiligt, weil er mit seinen paar Zugfahrten zu irgendwelchen internen Meetings niemals den Sparer-Highscore knacken wird.

Dabei wäre er der ideale Kandidat für den Spitzenplatz im Sparer-Ranking: Plant immer alles akribisch, hat keine hohen Ansprüche an Komfort, überlegt sich immer dreimal, ob er auch wirklich ein Hotelzimmer braucht oder nicht doch in aller Herrgottsfrühe anreisen kann und so weiter. Ich bin sicher: Georg wäre der sparsamste Vielreisende aller Zeiten.

 

Erschienen in: CWT Connect, Ausgabe 02-2014 (PDF, ca. 7 MB)
Illustration: Matthias Seifert
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Texterin, Redakteurin, Bloggerin. Liefert Konzept, Text und Redaktion für Web, Werbung und Corporate Publishing. Bloggt hier übers Leben und Texten und dort übers Reisen: rumreiserei