„fang doch einfach an!“
Wenn das so einfach wäre, gäbe es keine Schreibblockaden. Häufig kämpfe ich damit, den Anfang zu finden, ins Schreiben zu kommen. Unpraktisch, wenn man mit der Schreiberei seine Brötchen verdient. Daher kommen heute, wie kürzlich in meinem Beitrag zu den Schreibtypen angekündigt, ein paar Tipps, um ins Schreiben zu kommen.
Es gibt unzählige Methoden zum Lösen von Schreibblockaden. So hat zum Beispiel meine Kollegin Kerstin Hoffmann Ende 2013 eine „Blogparade gegen die Schreibblockade“ abgeschlossen, deren Ergebnis ein E-Book von fast 250 Seiten mit unfassbar vielen Tipps und Erfahrungen ist.
Daher kommen hier von mir nur ein paar ausgewählte Techniken, die ich selbst anwende und die bei mir funktionieren:
Automatisches Schreiben
Das verwende ich, wenn ich so gar keinen Einstieg in einen Text bekomme und auch inhaltlich noch wenig da ist. Zum Beispiel, wenn ich nur ein paar grobe Stichworte habe, was das Thema sein soll und ansonsten frei in der Gestaltung bin. Klassischer Fall bei mir: die Kolumne. Automatisches Schreiben geht so: Ich stelle mir einen Timer auf 5 Minuten und schreibe drauflos. Ungefiltert, was mir gerade durch den Kopf geht. Meistens beginnt das mit „Mir fällt mal wieder nix ein, so ein Mist …“, und dann schreibe ich einfach weiter. Natürlich kreisen meine Gedanken dabei um das Thema, das ich bearbeiten soll. Und in der Regel kommen nach ein paar Minuten Themen oder Begriffe zum Vorschein, die dazu passen und mich wieder weiterführen. Bleibe ich zwischendrin stecken und der Kopf ist wirklich leer, nehme ich einen Buchstaben und schreibe ein Wort auf, das mit diesem beginnt. Das erste, das mir einfällt. Und damit geht es dann weiter. Klingt chaotisch? Ist es auch. Mir hilft es jedoch wirklich, ins Schreiben zu kommen.
Das mache ich manchmal, wenn ich ein Briefing bekommen oder mir selbst ein Konzept für den Text überlegt habe, aber keinen Anfang finde: Ich stelle mir vor, ich müsste jemandem, der sich mit dem Thema überhaupt nicht auskennt, erklären, worum es geht. Und dann rede ich drauflos und nehme das einfach auf. Natürlich kommt dabei kein druckreifer Text raus, aber ein paar verwertbare Sätze schon, und die schreibe ich dann auf und mache von dort weiter.
Assoziieren
Funktioniert im Grunde wie ein Brainstorming, nur eben allein – wer im Homeoffice arbeitet, hat selten kurzfristigen Zugriff auf andere Brainstormingwillige. Ich schreibe auf ein Blatt Papier einen Begriff, z. B. das Thema meines Textes oder einen Teilaspekt oder irgendwas, wozu mir Ideen und Worte fehlen. Nun schreibe ich alle Wörter auf, die mir dazu einfallen. Ich benutze zwei Varianten: Entweder vom Begriff ausgehend in alle Richtungen, dann entsteht eine Art Mindmap. Oder seriell, d. h. ich hangle mich von Begriff zu Begriff und entferne mich in der Regel immer weiter von meinem Ausgangswort. Das eröffnet mir dann manchmal spannende Aspekte, auf die ich vorher gar nicht gekommen wäre, weil ich zu sehr ums Thema kreiste und dadurch blockiert war.
Umkehren
Meist soll ich ja Dinge positiv beschreiben – das liegt in der Natur der Sache bei Werbe- und PR-Texten. Komme ich so gar nicht weiter, denke ich um: Ich schreibe alles auf, was man an dem Produkt, der Dienstleistung oder dem Thema schlecht, doof, lästig und nervig finden könnte. Das macht Spaß und den Kopf frei von Lobhudelei-Anfälligkeit – die ist nämlich auch nicht gut. Die ganzen schlechten Dinge lese ich mir dann nochmal durch und komme so zuweilen zu positiven Aspekten. Durch die Distanz, die ich mit dieser Übung gewonnen habe, finde ich dann oft wieder ins Schreiben und zum Thema zurück.
Zwei Anmerkungen:
1. Ich mache alle diese Schreibanläufe von Hand. Mein Hirn funktioniert anders, wenn ich mit der Hand schreibe – offenbar erlaube ich mir dann mehr gedankliche Freiheit. Und die brauche ich manchmal eben.
2. Man muss bereit sein, für die Tonne zu schreiben und loszulassen. Das meiste dessen, was ich in solchen Übungen zu Papier bringe, ist nicht direkt verwendbar und wandert danach in den Müll. Aber es hat mich in der Regel zurück zum Text gebracht, und genau das war sein Zweck.
Welche Tricks verwendest du, um in den Schreibfluss zu kommen?
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Schöner Text!
Ich kann vieles absolut bestätigen – vor allem das Handschriftliche. Ein handschriftliches Mindmap oder einfach Themen-Scribble ist für mich Bauchetwas ganz anderes, als direkt in den Rechner.
Freut mich, dass du als Vielschreiberin das ähnlich empfindest. Ich denke, das Handschriftliche hat zwei Effekte: 1. Es aktiviert andere Hirnareale (glaube ich), einfach weil es haptischer ist. 2. Wenn ich in ein Dokument am Rechner schreibe, hat das immer den Touch, dass es verwertbar sein muss. Handschriftlich traue ich mich eher, was zum Wegwerfen zu schreiben. Obwohl das ja widersinnig ist, denn mit der Hand ist es viel mühsamer. Aber mit einem getippten Text verbinde ich automatisch einen höheren Perfektionsanspruch, und der blockiert manchmal.
Aller Anfang… ist Wert aufgeschrieben zu werden. Denke, du hast in deinem Text schon viel wichtige Aspekte beschrieben. Ich mache mir gerne ein paar Stichpunkte, meistens von Hand, die ich dann während des Schreibens am Rechner noch mit Verweisen (Pfeile, Striche etc.) versehen kann. Drauflos schreiben hat einen ähnlichen Effekt wie einfach loslaufen, wenn man Joggen möchte: man fängt an….und sobald man dann in (schreibender) Bewegung ist, kommen schnell weitere Ideen oder zumindest Gedanken zur Recherchemöglichkeit. Meist entsteht dann schon mal ein Textkörper, den man einfach in einem weiteren Schritt bearbeiten (darf man hier sagen einer Worthauerei unterziehen?) kann. Oft hilft es mir auch Zwischen-Überschriften zu skizzieren, egal ob diese später Verwendung finden oder nicht: sie helfen das Thema Begrifflich zu verdichten. Sehr hilfreich finde ich es auch, am Abend ein paar Gedanken über den nächsten zu schreibenden Text zu machen, so fühlt man sich am nächsten Morgen schon gedanklich begrüßt und nicht so allein mit dem leeren Blatt.
Stimmt, das mit den Zwischenüberschriften ist auch ein prima Tipp! Und am Vorabend Gedanken machen hilft auch. Wenn man schon ahnt, dass es am nächsten Morgen mit dem Schreibfluss hapern könnte ;-).
Mit Mindmaps arbeite ich seit über 25 Jahren, wenn das Thema „ein weites Feld“ ist. Ist es nicht ganz so sperrig, tun’s auch Zwischenüberschriften, die die Funktion von Absichtserklärungen haben: Hier ist die Einleitung, da ist der Schluss, dazwischen schreibe ich was zu dem Thema des Buchs, zur Entstehungsgeschichte, zu den Fotos, dem Autor, dem Übersetzer, den Auszeichnungen…
Wenn ich ein Produkt zu verkaufen habe, und nicht so recht weiß wie, denke ich an ganz bestimmte Personen aus meinem Bekanntenkreis, die im Prinzip in die Zielgruppe passen würden, aber sehr kritisch sind. Und denen „erzähle“ ich dann, wie sie von diesem Produkt profitieren würden. Werbebriefe schreibe ich manchmal wirklich erst in „Du“-Form: „Liebe Katharina …“. Erst wenn ich denke, dass sie Katharina überzeugen würden, schreibe ich sie um.
Meist geht es ohne diese Tricks, aber wenn es bei einem Thema so gar nicht läuft, helfen sie.
Ah, das ist auch ein schöner Trick, eine bekannte Person anzusprechen! Merke ich mir, vielen Dank!
Hallo Annette,
danke für diese hilfreichen Tipps! Vor allem dein erster Punkt „Automatisches Schreiben“ ist Gold wert, weil das ein idealer Weg ist, einfach mal ohne Blockade draufloszuschreiben – meist geht der Rest dann von ganz alleine.
Was mir hilft, wenn gar nichts mehr geht: Einfach Laufschuhe an, rein in den Wald und mit guter Musik in den Ohren loslaufen. Wenn ich zurückkomme, sieht es in meinem Kopf meist schon ganz anders aus :)
Hallo Sandra,
freut mich, dass dir der Beitrag gefällt. Automatisches Schreiben ist in der Tat eine meiner liebsten Techniken. Funktioniert fast immer. Und wenn nicht: Dann hilft bei mir auch rausgehen – mit oder ohne Laufschuhe ;-).