total mobil
Carla Wagener bleibt online
Meine Kollegin macht seit neuestem an jedem Wochenende einen sogenannten „Tech-Sabbat”: Sie bleibt Samstag und Sonntag offline, weil sie findet, dass sie zu viel Zeit im Netz verplempert. Ich brauche sowas ja nicht.
Bei ihr kommt das Offline-Sein einem kalten Entzug nahe, weil sie normalerweise auf Schritt und Tritt twittert und whatsappt oder Fotos ihrer neuesten Häkelkreationen auf Facebook einstellt. Wenn sie dann montags nach ihrer Auszeit ins Büro kommt, ist sie immer ganz nervös und checkt erst mal alle Apps, bis ihr Smartphone vom Wischen ganz überhitzt ist.
Für mich hingegen ist das gar kein Thema, weil ich mein Mobiltelefon ja nur aus purer Notwendigkeit, für sinnvolle Informationsbeschaffung und zur Sicherheit dabeihabe. Was wäre denn zum Beispiel, wenn ich eine Panne hätte und eine Werkstatt anrufen müsste? Telefonzellen gibt es ja kaum noch.
Und wie sollte ich ohne meine App eine Zugverbindung checken, um wieder nach Hause zu kommen? Ich meine, die Fahrpläne am Bahnhof sind doch bestimmt nicht aktuell? Nein, das ist mir zu unsicher.
Wenn ich mal wieder spontan ins Theater will und dann leider vor Ort feststelle, dass die Vorstellung ausverkauft ist – da muss ich doch schnell online rauskriegen können, was ich stattdessen tun kann. Das ist doch keine Zeitverschwendung, sondern ganz essenzieller Informationsbedarf!
Oder wenn ich zum Beispiel sonntags eine Waldwanderung mache, ist es doch hilfreich, wenn ich die Tour in meiner Wander-App dokumentiere, bei der Einkehr das Mittagessen fotografiere, es online stelle und bewerte. Meine Freunde, die vielleicht in ein paar Wochen die gleiche Strecke gehen wollen, müssen doch wissen, ob die Strecke in der geplanten Zeit zu bewältigen ist. Und ob die Verpflegung in der Waldhütte so gut ist wie auf der Website beschrieben oder ob sie doch lieber in der anderen Hütte einkehren sollen, die auf Google Earth so lauschig aussah.
Genau genommen verplempert das also gar keine Zeit, sondern spart sogar welche ein! Bei den anderen jedenfalls.
Erschienen in: CWT Connect, Ausgabe 01-2014 (PDF, ca. 10 MB)
Illustration: Matthias Seifert
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